Welche Schritte haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Bulgarien zu durchlaufen und welche Besonderheiten sind explizit zu beachten?
Die Regelung der Ausländerbeschäftigung im europäischen Recht ist in der Richtlinie 2014/36/EU des Europäischen Parlaments und Rates vom 26. Februar 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zwecks Beschäftigung als Saisonarbeitnehmer und in der Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers enthalten.
Zu den wichtigsten Rechtsvorschriften auf nationaler Ebene gehören das bulgarische Gesetz über die Arbeitsmigration und Arbeitskräftemobilität (AAG) und die Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Arbeitsmigration und Arbeitskräftemobilität (DVAAG).
I. Bedingungen
Die einheitliche Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung des Typs „Blaue Karte der Europäischen Union“ wird Drittstaatsangehörigen, die einer hochqualifizierten unselbständigen Beschäftigung in Bulgarien nachgehen werden, erteilt.
Was bedeutet „hochqualifizierte Beschäftigung“?
Dieser Begriff wird bereits im ersten Punkt der Zusätzlichen Bestimmungen zum Gesetz über die Arbeitsmigration und Arbeitskräftemobilität näher erläutert: Eine „hochqualifizierte Beschäftigung“ ist die Einstellung einer Person, die über die erforderliche, angemessene und spezifische Fachkompetenz verfügt - erworbener Hochschulabschluss, nachgewiesen durch ein von einer zuständigen Stelle ausgestelltes Diplom, Prüfungszeugnis oder ein sonstiger von ihr ausgestellter Befähigungsnachweis, bei einer Regelstudienzeit von mindestens drei Jahren an einer im entsprechenden Staat staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule.
Dieser Begriff schließt auch alle reglementierten Berufe: Architekt, Tierarzt, Arzt, medizinische Fachkräfte, Mitglieder der Schiffsbesatzung, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer u.a.
Durch dieses Verfahren ist die Beschäftigung auch von IT- und Software-Fachleute – aus Nicht-EU-Mitgliedstaaten in Bulgarien möglich.
Höhe der Arbeitsvergütung
Die Bruttoarbeitsvergütung laut Arbeitsvertrag des beschäftigten Drittstaatsangehörigen muss sich mindestens auf das Anderthalbfache des durchschnittlichen Bruttojahreslohns in der Bulgarien gemäß den für die letzten 12 Monaten vor Abschluss des Arbeitsvertrags verfügbaren Angaben belaufen, das im Allgemeinen zurzeit etwa 1.700 Leva bedeutet.
Anzahl der mit einem Arbeitsvertrag beschäftigten Drittstaatsangehörigen
Nach Art. 7 Abs. 1 Nr. 2 AAG darf die Gesamtzahl der vom inländischen Arbeitgeber beschäftigten Drittstaatsangehörigen 20 v. H. der durchschnittlichen Mitarbeiterzahl der im Arbeitsverhältnis stehenden bulgarischen Staatsangehörigen, Staatsangehörigen der EU-Mitgliedstaaten, der Staaten aus dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft nicht überschreiten und bei mittleren und kleinen Unternehmen – 35 v. H.
II. Verfahren
Das Ausstellungsverfahren der Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung des Typs „Blaue Karte für die Europäische Union“ verläuft in drei Phasen:
1. Bei der bulgarischen Arbeitsagentur – der Arbeitgeber beantragt die Verfahrenseinleitung durch Antragstellung laut Vorlage bei der Hauptverwaltung der Arbeitsagentur, Anschrift: Dondukov Blvd. 3, Sofia.
Er hat seinem Antrag einen Unterlagensatz einzureichen, indem wir einige davon weiter unten näher betrachtet werden:
a) Nachweis über den Bildungsabschluss, Fachbereich, Befähigungsnachweis, berufliche Qualifikation und angemessene Berufserfahrung des Drittstaatsangehörigen, die entsprechend beglaubigt, ins Bulgarische übersetzt worden sind und die den Anforderungen der Stellenausschreibung entsprechen;
b) formlose Begründung des Arbeitgebers, worin er seine Motive für die Beschäftigung des jeweiligen Arbeitnehmers darlegt;
c) Erklärung des Arbeitgebers – der Arbeitgeber hat eine Auskunft–Erklärung über die im arbeitsvertraglichen Verhältnis beschäftigten Drittstaatsangehörigen einzureichen; aufgrund dieser Erklärung wird entschieden, ob die gesetzlich festgelegte Anzahl der eingestellten Ausländer überschritten wird;
Dazu hat der Arbeitgeber zu erklären, dass die angebotenen Arbeitsbedingungen und Gehälter nicht ungünstiger ausfallen als die Bedingungen für bulgarische Staatsangehörige für die entsprechende Beschäftigungskategorie.
Die bulgarische Arbeitsagentur stellt binnen einer (vorgeschriebenen) Frist von 15 Tagen die Genehmigung für den Zugang zum Arbeitsmarkt aus und sofern Lücken vorliegen oder zusätzliche Unterlagen als Nachweis bestimmter vorgebrachter Tatsachen nachzureichen sind, räumt die Arbeitsagentur eine Nachfrist von 15 Tagen für ihre Beseitigung/Vorlage ein. Nach Erteilung der Arbeitsgenehmigung hat der Arbeitgeber eine Gebühr für die „Blaue Karte“ in Höhe von 400 Leva zu leisten und nach Vorlage des Zahlungsnachweises wird auch die Genehmigung selbst ausgestellt.
2. D-Visum
Eine Ablichtung der Arbeitsgenehmigung wird dem Ausländer übermittelt, der dann bei der in seinem Wohnstaat zuständigen Bulgarischen Botschaft ein D-Visum für den langfristigen Aufenthalt beantragen muss, womit er die Berechtigung erlangt nach Bulgarien einzureisen und sich hier bis zu 6 Monaten aufzuhalten.
Nachdem die Person sich in Bulgarien niedergelassen hat und ist sie innerhalb von 14 Tagen vor Ablauf des genehmigten sechs monatigen Aufenthalts verpflichtet, bei der Bezirksverwaltung der Direktion „Migration“ einen Antrag auf Erstellung der „Blauen Karte der EU“ zu stellen. Zum Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen:
a) Ablichtung eines gültigen Reisepasses – die Seiten mit dem Lichtbild und Angaben zur Person, Visum nach Art. 15 Abs. 1 vom Ausländergesetz der Republik Bulgarien;
b) Nachweis über die entrichtete staatliche Gebühr;
c) Nachweis über das Vorliegen einer Wohnung – Vorlage eines Mietvertrags mit notarieller Unterschriftsbeglaubigung zusammen mit der notariell beglaubigten Einwilligungserklärung des Wohnungseigentümers, womit er seine Zustimmung zur Meldung des Ausländers an dieser Adresse erteilt hat;
d) Krankenversicherung, die auf dem Hoheitsgebiet der Republik Bulgarien gültig ist;
e) Führungszeugnis, ausgestellt vom Heimatland des Ausländers oder vom Aufenthaltsstaat – lediglich bei der Erstbeantragung.
Die Kommission an der Direktion „Migration“ entscheidet binnen einer Frist von 7 Tagen und erteilt den Aufenthaltstitel „Blaue Karte“ der EU.
III. Besonderheiten
1. Die „Blaue Karte der EU“ ist bis zu einem Jahr befristet und sofern die Auflagen für ihre Erteilung weiterhin erfüllt sind, kann diese verlängert werden;
2. nach Art. 20 AAG kann der Inhaber einer Blauen Karte EU für die ersten zwei Jahre der hochqualifizierten Beschäftigung nur solche Beschäftigungen und lediglich auf dem Hoheitsgebiet der Republik Bulgarien nachgehen, für welche ihm die Blaue Karte EU erteilt worden ist. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Inhaber der Blauen Karte EU den Arbeitgeber nur aufgrund einer schriftlichen Genehmigung der Agentur für Arbeit zu den Bestimmungen der Durchführungsverordnung zum Gesetz wechseln.